Heimreise durch die EU: Ungarn - Slowenien - Italien - Schweiz

13.09.2019 - 28.10.2019

 

Nein, verloren gegangen sind wir nicht. Auf der M3 sind wir weiter unterwegs nach Westen und auf der Suche nach der ungarischen «Puszta». Die Landschaften links und rechts der Autobahn sind jedoch grösstenteils bereinigt. Keine Sodbrunnen für die Viehtränken und auch keine Schäfer die auf ihre Herde acht geben. Dafür Mais und nochmals Mais so weit das Auge reicht. Die Waldstücke in wirklich tollen Herbstfarben bieten die willkommene Abwechslung. Im Dorf Tiszacsege, nahe der Theiss, finden wir ein noch geöffnetes Thermalbad. Neugierig mustern uns ein dutzend Einheimische, Touristen zu dieser Jahreszeit sind wohl recht selten. Um so freundlicher wird uns alles erklärt und bald geniessen auch wir die umschmeichelnde Wärme des heilenden Wassers… Der zugehörende Campingplatz ist jedoch geschlossen. So erlauben wir uns vor dessen Pforte zu Lagern. Niemand nimmt Anstoss, die meisten grüssen freundlich beim Vorbeiradlen.

So ganz festgelegt ist unsere Route immer noch nicht und wir bräuchten eine Wechselstube um unsere Euro zu tauschen. Hatten wir doch die irrtümliche Annahme, Ungarn sei ein Euroland. Nein, der Forint ist das gebräuchliche Zahlungsmittel. So geht es denn etwas Südöstlich, (falsche Richtung) nach der Stadt Debrecen. Dabei queren wir den «Hortobagyi Nemzeti Park». Hier endlich treffen wir auf ein Stück der Puszta. Flach, sandig oder sumpfig, mit Sodbrunnen und Schafherden. Es bedarf eines Schutzgebietes um die in aller Welt bekannte ungarische Landschaft zu erhalten! Es war ein schönes Schauspiel, dass uns zusätzlich von den eurasischen Kranichen geboten wurde! In V-Formation überflogen sie die Brutgebiete und forderten mit Ihrem «Gesang» die Verwandten auf, sich ihrem Flug in den Süden anzuschliessen. Der rege «Flugverkehr» der unzähligen grossen Vögel beeindruckte sehr.

Nach den Besorgungen in der Stadt Debrecen, wobei ich den grössten Teil meiner Kopfhaare einbüsste, gondelte der Giovanni wieder Südwestwärts. Schöne Werbebilder am Strassenrand schwärmten von der Heilkraft des warmen Wassers in Füzesgyarmat. Nichts wie hin und den allerletzten Wüstenstaub auswaschen… leider klappte es nicht, denn genau heute und für die nächsten drei Tage wird das Bad geputzt. Aber der Campingplatz ist geöffnet und hatte sogar eine gebührenfreie Waschmaschine. Da kann doch keiner widerstehen… Die zwei deutschen Nachbarn warnten uns vor der Grosszügigkeit des Platzbetreibers, nach der Saison will er von «einmal Übernachten» meistens kein Geld! Am anderen Morgen wurde unser Geld tatsächlich nicht angenommen, mit einem fröhlichen auf «Wiedersehen im nächsten Sommer» ging es weiter nach Szeget, nahe der drei Länderecke Ungarn, Rumänien und Serbien.

Ein Tag weiter, in Baja, kommen wir an die Donau und bestaunen deren Breite. Beim Queren auf einer interessanten Brücke, die Fahrbahn wurde später an die eigentliche Eisenbahnbrücke «gehängt», entdecke ich zwei mir bekannte Rheinschiffe. Dass musste natürlich Fototechnisch festgehalten werden. Die Nähe zum Fluss und den Schiffen löste in mir einen Nostalgieschub aus. Jetzt musste es noch weiter dem Fluss entlang gehen, bis Mohacs. Da an der Donau musste ein guter Platz für das Mittagessen und weitere Fotoschüsse angesteuert werden. In der Hast setze ich wieder einmal den Giovanni fest. Als sei es noch nicht genug, gibt es beim rauen Freifahren unerträgliche Geräusche vom Motor… Das Auto läuft und fährt mit einer sehr unangenehmen Geräuschkulisse und zwei etwas belämmerten Passagieren weiter.

Die nicht zu überhörenden Mängel am «Giovanni» lassen uns mit IVECO in Bozen Kontakt aufnehmen. Die deutschsprachigen Mitarbeiter nehmen meine Sorgen ernst und organisieren einen möglichst kurzen Besuch in der Werkstätte. Wir schleichen weiter durch die Hügel bei Pecs. Es ist sehr malerisch, die Farben der Wälder und Felder sind wunderschön. Die Fahrt durch die «Berge» von Ungarn (250MüM) ist entspannend. Vor dem Grenzübertritt nach Slowenien verputzen wir die restlichen Florint in einer kleinen Pizzeria, schmeckte prima!

Slowenien schockierte erst mal mit einer «Roadtax Superior». 30.- Euro für gerade mal sieben Tage. Aber die Strassen waren dementsprechend eben auch gut in Schuss. In Ptaj an der Drava machen wir halt und geniessen das schöne Herbstwetter. Nach einem ausgedehnten Besuch der Altstadt mit seiner Burg können wir uns bis in den Abend in der Therme entspannen. Entspannung brauchen wir dringend, müssen wir doch die stark angestiegenen Preise in Euro verkraften. Seit wir die Ukraine verlassen haben ist alles dreimal teurer geworden. Zugegeben, die Infrastruktur ist auch etwas besser... Wie die Berge höher werden, wird leider auch das Wetter schlechter und schlechter. Die verregnete Landschaft erinnert stark an Österreich oder die Schweiz. Nach einer sehr nassen Nacht in Kranjska Gora kommen wir bald nach Oberitalien.

Hier im Friaul, im Städtchen Venzone, machen wir einen Bummel. Beim Erdbeben von 1976 ist der Ort in 56 Sekunden fast vollständig zerstört worden. Welch eine Tragik! Die Ruine der Pfarrkirche dient als Mahnmal. Ein grosser Teil der Gebäude ist Stein für Stein wieder aufgebaut. Am Dom und an dem Verwaltungsgebäude der Regionalregierung ist die Linie der Wiedererstellung deutlich erkennbar. Bei diesem Wiederaufbau holte sich damals die Zentralregierung in Rom keine Lorbeeren! Er zog sich über Jahre hin und die Wege der Finanzierung ist bis heute verworren…

Der Lärm während der Fahrt erinnert uns deutlich an die Gebrechen unseres Fahrzeuges. So schleichen wir durch die Landschaft und kommen am Sonntag zeitig an den Kalternsee. Ein wunderbarer Sonntagnachmittag ermuntert uns zu einem ausgedehnten Spaziergang. Die Herbstfarben der Rebstöcken, der See und die Berge geben einen Balsam für die Seele. Am Montag früh geben wir «Giovanni» in Kur. Er wird ein persönliches Wellness-Programm bekommen. So müssen wir für uns einen Schlafplatz in Bozen organisieren. Das ist in der Touristenhochburg nur eine Frage des Geldbeutels, Platz gibt es zur Genüge.

Auch für die Unterhaltung ist bestens gesorgt. Auf der Burg Sigmundskron nimmt uns das Messner-Mountain-Museum gefangen. Das Konzept mit den modernen Baustoffen Stahl und Glas im Fels und den mittelalterlichen Gemäuer geht voll auf. Die beim Rundgang gezeigten Skulpturen und Reliquien rund um die 8000er dieser Welt bieten einzigartige Ein- und Ausblicke. Bozen hat das Rennen um «Ötzi» gewonnen und damit die Verantwortung für die älteste Feuchtmumie der Erde. Mit einem riesigem Aufwand wurde um den alten Krieger herum eine geeignete Kühlkammer und das informative Museum gebaut. Da bleibt nur ein Staunen! Das Wetter im Südtirol zeigt sich jetzt von der allerbesten Seite. Gleich um die Ecke lockt Meran mit seinen prächtigen Gärten und Villen. Seit die Sissi im 19 Jh. hier regelmässig zur Kur ging, ist der Besucherstrom kaum einmal abgebrochen. Also, wir machen keine Kur, aber einen ruhigen Ausflug erfüllt fast den gleichen Zweck. Der Ausflug in das Dorf Tirol oberhalb beschliesst unseren Reiseunterbruch im Südtirol.

Bei der Weiterfahrt mit dem gelifteten «Giovanni» kommt Freude auf. Mit frischem Elan kommen wir zum Haidersee am Reschenpass. Eigentlich nur wegen des guten Standplatzes und der schönen Wanderung am Morgen um den See, nehmen wir diese Mühe auf uns. Denn Heim, ins Land der Eidgenossen, geht es über den Ofenpass ins Engadin und über den Albula, Lenzerheide, Chur ins Unterland. Wir werden mit Sonne und herbstlich farbiger Landschaft überflutet, Wunderschön! Am Sonntag schauen wir bei unserem Sohn und seiner Familie herein. Wir sind glücklich und dankbar die Reise gesund und munter abschliessen zu können…

Fotogalerie

Türen und Menschen

Wie wir zu Beginn unserer Reise geschrieben haben, waren wir gespannt was uns alles erwarten wird. Wir haben viele Türen und Tore vorgefunden, offene und verschlossene. Was wir aber vor allem erlebt haben waren liebenswürdige, hilfsbereite Menschen mit offenem Herzen. Ihnen gilt unser Dank für dieses tolle Erlebnis.

Türen

Menschen