Italienreise 2020 - 3. Teil - Sardinien
26.09.2020 – 14.10.2020
Outdoor Aktivitäten sind weiterhin kaum möglich. Beim archäologischen Komplex Tamuli bei Macomer versuchen wir es. Prompt werden wir beim Besichtigen der Steinhäuser, Menhire, Turm und Gräber so richtig verschifft. Dennoch eine sehr Interessante Sache. Extra für den Nachmittags- Kaffee konnten wir hier eine Schrift «Die Geschichte Sardinien» erstehen, eine Einführung von Francesco Cesare Casula (ISBN 88-7138-325-7). Diese klärte uns über die Geschichte und die zugehörenden Steinanhäufungen kurz und prägnant auf. Danach weiter quer durch die Insel. Die Gebirge von Supramonte und Gennargentu sind sehr speziell und vor allem extrem steil. Am Stausee Gasana finden wir ein windgeschütztes Plätzli für die Nacht. Von da steil hinauf nach «Orgosolo». Ein grosses Dorf in der Barbagia (röm. Bezeichnung «Gebiet der Barbaren») mit weltbekannten Murales (Hauswandbilder, Googlen!). Diese erzählen Geschichten von Hunger, Auswanderungen nach Amerika, Streit um Land, Banditen und alten Leuten. Also quer durchs Dorfleben, es hat uns sehr beeindruckt.
Nach dem Besichtigen von «Su Gologone», der grösste Quelle Sardiniens, fahren wir ins Tal von Lanaitho. Schöner Talkessel mit Olivenbäumen und Weiden. Bei guter Witterung ein Paradies für Felsenkletterer, für uns ein ruhiger Schlafplatz. Die Wanderung zu einem «Tombe gigante» ist eine Enttäuschung. Ebenso die Grotte von Ispingoli, zu viele Treppenstufen und keine Fotos erlaubt. Bei Santa Maria Navarrese kommen wir an die Ostküste der Insel. Mit einem dutzend anderen WoMo stellen wir uns eine Nacht an den «Pedra Longa» einen markanten Fels in der noch anhaltend starken Brandung. Die nächsten drei Tage bleiben wir auf einem gepflegten Stellplatz in Torre di Bari. Das Wetter besser, der feine Kieselstrand sauber, nette Leute, alles im grünen Bereich!
Auf der sensationellen Gebirgsstrasse SS 125 geht es weiter nach Süden. Wetter wie im April. Am Strand stehen ist so auch bei Nuraghe Aleri nicht so toll. Der SS 125 folgen wir bis Villaputzu. Ab hier geht es dem Fluss Flumendosa entlang zurück in die «Barbagia» Natürlich tolles Bergland, besonders beeindruckend die Felsenformation Corongiu. Die Dörfchen «kleben» an steilen Flanken und glänzen in den verbleibenden Sonnenstrahlen. Bei Ulassai versuchen wir es wieder einmal mit einer Wanderung über dem Dorf. Der zu Beginn gut markierte Weg verläuft sich immer mehr in den Maccia Büschen. Ein Gewitter nimmt uns den letzten Schneid und wir kehren um. Im engen Dorf klemmen wir mit dem Giovanni beinahe fest und müssen ca. 250m zurücksetzen und wenden. Das wird mit Interesse vom Rentneropa im Hauseingang sitzend beobachtet. Das geglückte Manöver wurde anerkennend mit Hand heben und zahnlosem Grinsen kommentiert. Also erreichen wir den vorgesehenen Stellplatz für die Nacht nicht und müssen uns anderweitig umsehen. Auf der anderen Talseite kommen wir an Gairo Veccia vorbei. Das Dorf drohte 1951 nach langen Regenfällen in den Abgrund zu rutschen und musste geräumt werden. Gairo wurde wieder aufgebaut, keine 300m schräg oberhalb des alten… Etwa 15km weiter, in einem Forstgelände, finden wir dann ein geeignetes Plätzli mit Aussicht.
Die Bergwelt der «Barbagia» bleibt uns noch den ganzen Morgen erhalten. Kurz vor Aritzo wenden wir uns nach Südwesten um nach ca. 50Km die «Giara di Gesturi» zu erreichen. Eine Hochebene auf einem Kalksteinhügel von etwa 12x5km Ausdehnung. Die Hochebene ist bewachsen von Maccia und mit abgerundet erodierten Basaltsteinen «bestreut». Besonders sehenswert sind die Wasserflächen an deren Ufer sich gerne die «wilde Pferde» aufhalten. Auf einem Fussmarsch konnten wir uns von deren Anwesenheit überzeugen. Beim Ausschauen in die Hügellandschaft der «Marmilla» sind auch die Vulkane, die den Basalt ausgeworfen haben, noch gut zu erkennen. Nur ein paar Kilometer weiter ist die grösste und eindrücklichste Nuraghenfestung «Su Nuraxi» erreicht. Der Sitz eines mächtigen Stammesfürsten ist einmalig gut erhalten und beeindruckend. Der Besuch ist nur mit einem Führer möglich. Wir haben viel über das Bauwerk und deren ehemaligen Bewohner vernommen! So sind die unzähligen, zum Bau verwendeten Basaltsteine auch von der Hochebene hinunter gebracht worden. Es ist hier auch deutlich festzustellen wie die Römer mit ihrer Bauweise die Nuraghischen Baumeister beeinflussten (erste viereckige Gebäude).
Die heissen Quellen von Fordongianus sollen unser Wohlbefinden steigern! Seit Urzeiten wird das 53°C warme Wasser zum «Bädele» benutzt. Die Römer haben dann, wie vielerorts, ein Badezentrum mit allem drum und dran errichtet. Heute wird das heilende Wasser in einem Luxus-Spa Ressort und in einem streng beaufsichtigten Dorfbad mit 8 Badewannen kommerziell genutzt. Wer möchte kann auch in die mit verschlammten Steinen geschichteten Mischbecken im Fluss steigen, das kostet dann nur etwas Überwindung… Neben dem Camper Stellplatz befindet sich auch ein alter Waschplatz für die Bevölkerung. In den beiden Brunnentrögen könnte man doch auch… Schnell vergessen, das Wasser ist in den Trögen immer noch zu heiss zum Baden. Aber im Eimer ein Fussbad, das tut meinen Gicht geplagten Gelenken Wunder! Das wiederhole ich noch ein paar mal und siehe da bei Abfahrt bin ich Schmerzfrei... Am Morgen früh dann noch eine kleine Überraschung, es ist tatsächlich noch eine Wäscherin am Platz, in mühsamer Arbeit vertieft.
Das Wasser beschäftigt uns weiterhin. Nur einen Katzensprung entfernt kommen wir zum Brunnen Heiligtum St. Christina. Gebaut und als heilig verehrt wurde der Brunnen 1300 Jahre vor Christus durch die Nuragher. Heute sind hier Ruinen der Nuragher und eine Kirche mit Dorf aus den Zeiten der Ursprünge des Christentums auf der Insel zu sehen. In einem Bogen führt die Schnellstrasse um den geschichtlichen Ort. Weiter fahren wir zur Sinis Halbinsel an der Westküste. Im Norden finden wir bei S-Archittu eine wunderbare Naturbrücke aus hellem Sandstein. Leider haben wir kein Boot dabei, da unten durch zu paddeln hätte sicher Spass gemacht. Etwas weiter südlich finden wir am Capo Mannu einen Platz zum frei stehen. Aber der Wind fällt die halbe Nacht mit Wucht über uns her. Am nächsten Morgen ist es erträglich und wir machen eine Wanderung von einem Sarazenen Turm zum anderen. Nachts dann wieder Sturmböen.
In den nahe liegenden Brackwasserseen soll es «tausende» von Flamingos geben, wir entdecken immerhin deren sechs… Einige mehr später südlich von Oristano. San Salvatore ist ein Dorf das einen «morbiden» Charme ausstrahlt. Das fanden auch die Produzenten von Italowestern und drehten einige in und um das ansonsten Maus arme Dörflein. Ein von den Touristen gerne besuchter Ort ist San Giovanni di Sinis mit seiner sehr alten Kirche. Das Capo San Marco am Ende der Halbinsel ist leider Sperrgebiet. Aber die Ruinen von Tarros berichten von einer grossen Hafenstadt im Altertum. Die Provinzhauptstadt Oristano mit den vielen landwirtschaftlichen Verarbeitungsbetrieben umfahren wir grosszügig und finden am schmutzigen Strand von Arborera einen Platz neben einem geschlossenen Campingplatz. Zum Übernachten eben knapp genügend. Aber seit dem durchfahren bei den Fabriken hängt ein äusserst unangenehmer Duft in der Nase!
In Montevecchio, westlich von Guspini, wollen wir eine stillgelegte Erzmine besuchen. Zufällig lesen wir im Netz, dass diese Besichtigung ausserhalb der Saison nur am Sonntag möglich ist. So machen wir eine Warteschlaufe hinunter an die Costa Verde über Ingurtosu. Wie der Name es sagt, ist dieser Küstenabschnitt vom Meer aus gesehen, sehr grün und dicht mit Maccia bewachsen. Uns interessieren aber mehr die bis 50 Meter hohen Dünen. Die euphorische Beschreibung des Reisebuches können wir nicht nachvollziehen. Der Strand ist jedoch schön und das besondere war die zwei Stunden ohne Wind mit viel Sonne. Am Sonntagmorgen, mit Aprilwetter, sind wir pünktlich beim Besucherzentrum in Montevecchio. Es sind fast alles Italiener die eine Besichtigung unternehmen. Die Führerin verspricht uns, die wichtigen Einzelheiten in englischer Sprache zu erläutern, ausgerechnet… Wegen Covid-19 können wir nicht in einen Stollen einfahren, Therese war nicht unglücklich. Die Führung klappte sehr gut und wir haben interessante Einblicke in den Betrieb der Mine nehmen können. 150 Jahre arbeitete man an der Gewinnung von Blei- und Silbererz. 1991 wird die Mine geschlossen und 3'500 direkt Betroffene verlieren ihre sehr harte Arbeit. Bis in die 1950er Jahre herrschten katastrophale Arbeitsbedingungen in den Minen von Sardinien! Auch können wir im Reisebuch nicht lesen, welch grosse Bedeutung der Bergbau auf Sardinien eingenommen hatte. Seit 5'000 Jahren wurden Metalle auf der Insel gewonnen und weiter verarbeitet. Deshalb immer wieder das grosse Interesse von ausserhalb an der Insel. Mit Beginn des 21 Jh. ist das Kapitel abgeschlossen und man muss andere Erwerbszweige finden. Zwischen den Ortschaften Guspini, Iglesias und Carbonia sehen wir auf unserer Fahrt unzählige Minenruinen.
Nach stürmischen Zeiten am Capo Pecora, wo wir die erste Kontrolle der Verkehrspolizei gut überstanden, gab es noch eine strickte Empfehlung auf einem erlaubten Stellplatz die Nacht zu verbringen, es würde streng kontrolliert... So haben wir halt auf dem windumtosten Stellplatz von Buggerru genächtigt. Am nächsten Tag kommen wir zur Nekropole Montessu die natürlich erst wieder am Dienstag ihre Pforte öffnet. Da bleiben wir halt vor Ort in einem Feldweg für die Nacht.
Prompt kommt ein Bauer mit einer Schafherde vorbei und gegen 22:00h auch ein Fahrzeug der Polizei. Etwas viel Betrieb so auf einer Feldzufahrt, aber danach werden wir in Ruhe gelassen und schlafen wie die Götter. Das ist ja klar, so nahe einer Nekropole… Bei gnädigem Aprilwetter können wir dann die weitläufigen Gräber erwandern. Angelegt wurden diese vor rund 3'000 Jahren und in diesem Zeitraum auch wieder ausgeplündert. Der weitere Weg führte uns bei unfreundlichem Wetter um die Südspitze von Sardinien, dem Capo Spartivento nach Nora, der Hafenstadt der Phönizier. Diese haben einen aussergewöhnlichen Platz für ihren ersten befestigten Hafen auf Sardinien gewählt. Die Halbinsel bei Pula erlaubte es den nicht sehr wendigen Segelschiffen den Hafen bei jeder Windrichtung anzulaufen. Damit es auch gelang, wurden drei Hafenmolen um die Halbinsel verteilt. In ihrer Blüte hatte die Stadt enorme Ausdehnung. Insbesondere die nachfolgenden Römer perfektionierten die Stadt nach ihren Vorstellungen. Unter den mit grossen flachen Pflastersteinen belegten Strassen bauten sie eine funktionierende Kanalisation. Ihr Herrscher in den südlichen Ländern, geht doch mal hin und nehmt eure Vorfahren als Beispiel...