Nordamerika - 3. Teil - Kanada - BC & Yukon
02.06.2024 - 14.06.2024
Heute haben wir uns hinter der Universität von Watson Lake, beim Skatingplatz eingerichtet. Es war ein tierischer Tag entlang des Alaska Highway. Zweimal sichten wir kleine Herden «Wood Bisons» mit etwa zwei Wochen alten Kälbern. Die Leitkühe tragen Halsbänder mit Positionssendern. Die Herren halten sich immer etwas Abseits, zum Teil am Waldrand. Wir stellten fest, warum die Schwarzbären sich so nahe der Strasse wohl fühlen. Hier, am Strassenbord gibt es sehr viel Löwenzahn. Es war schon drollig anzuschauen wie ein grosser Bär sich von einer gelb blühender Blume zur nächsten «frisst». Einer hat sich mitten in die Blüten gelegt und verspeiste diese im Halbkreis um sich. Offensichtlich ein begehrter Frühlingsgenuss! Wir verlassen Watson Lake und den Alaska Highway, beide wohl für längere Zeit, und fahren auf dem «Robert Campell» Highway 4 weiter nach Nordwesten.
Robert Campell hat ca. 1840 auf dieser Route mit den «Salmon Lake» Indigenen Verbindung gesucht und mit dem Pelzhandel in dieser Region begonnen. Er war im Auftrag der Hudson Bay Company unterwegs, des grössten, berüchtigtsten und mächtigsten Handelshauses zu dieser Zeit. Er machte seine Sache gut und so benennt man heute die Strasse nach ihm. Der grösste Teil der Strecke ist sehr gut unterhaltene Piste, die ein entspanntes Fahren zulässt. Die Begegnungen sind sehr selten, Theres notierte: 7 Autos, 1 LKW-Kipper, 1 Gradall und wieder 2 Schwarzbären, 1 nordamerikanisches Stachelschwein und 1 Wolverin (Vielfrass). Es ist also recht einsam auf dem Highway 4. Am eindrücklichen Lapie Canyon gehen wir die Beine vertreten. Es gefällt uns hier am Fluss, so bleiben wir über Nacht. Am anderen Morgen, bei Little Salmon,biegen wir nach Norden auf die «Frenchman Road» ab und fahren entlang des Frenchman Lake durch die bewaldeten Hügel. Ab und zu geben lichte Stellen den Blick auf Seen und Hügelzüge frei. Es ist gewaltig, bei einem Fotostop hören wir Wolfsgeheul. Wer Jack London gelesen hat kann unser Erschaudern erahnen, es ist definitiv sein Land das wir durchqueren! Beim zweiten See, dem Tatchun Lake, machen wir wieder auf einem Campground von Yukon Parks Feierabend, wie in BC hat auch Yukon Parks eigene Camps die ohne Komfort aber recht günstig sind. Es gilt auch hier sich selber zu registrieren und die 20.- Cad$ in ein Kuvert zu legen und natürlich nicht zu vergessen es in den «Briefkasten» zu stecken.
Von hier kommen wir wieder auf einen «grossen» Highway. Es ist der Klondike Highway 2, der von Whitehorse hinauf nach Dawson City führt. Seit dem grossen Goldrausch, ca. 1898, klingen diese Namen wie Gold ;-) Bis Minto führt die Strasse entlang des mächtigen Yukon Rivers. Diese Orte sind alle in der Zeit des Goldrausches entstanden. Pelly Crossing, Steward Crossing, Mayo und Dawson City sind Flussübergänge und zugleich Landungsplätze für die Legendären Raddampfer die den Yukon und eben auch die Nebenflüsse befuhren. Diese versorgten das Hinterland und brachten die abenteuerlichen Goldsucher. In Steward Crossing zeugt eine Bildertafel an der Strasse vom Geschehen, u.a. ein Foto aus 1950 mit dem letzten Dampfer und einem vorgekoppelten Schubleichter, beladen mit Silbererz in Säcken. Der Bau des Klondike Highway wurde in 1902 begonnen. Mit dem neuen Alaska Highway1943 begann der Niedergang der Flussschiffe. Jetzt wurde die Region das ganze Jahr erreicht, nicht nur in den eisfreien Sommermonaten.
In Steward Crossing fahren wir auf dem Silver Trail hinauf nach Keno um die Reste der Silberstadt zu sehen. Hier beruht alles auf einem Irrtum. Nach dem Abflachen des «Goldrush» am Klondike River wurden einige Prospektoren am Steward River, bei Mayo, fündig. Die Gier brachte die «Digger» an den Fluss und bald wuchs die Überzeugung, dass die grossen Funde in den umliegenden Bergen liegen. Ein Deutscher Bergbau-Ingenieur wurde den auch an den Abhängen des Mt. Keno fündig. Dank seiner guten Ausbildung erkannte er den hohen Silbergehalt im Gestein. Mit zwei weiteren Partnern gründete er eine Bergbaugesellschaft und betrieb eine sehr erfolgreiche Mine! Es wurden 25% der Silbervorkommen Weltweit in Keno abgebaut. Seit der Schliessung der Mine ist die Stadt am Sterben. Heute sind noch 20 ganzjährige Einwohner vor Ort. Sie betreiben div. touristische Einrichtungen, u.a. dass sehenswerteMinenmuseum. Es sollen heute noch 40 kleine Unternehmer in der weiteren Umgebung Silbererz abbauen. Auf der Fahrt hinauf zum «Signalposten» sind einige der Abbaustätten sichtbar. Wegen Schneeverwehungen kommen wir nicht ganz hinauf, die Aussicht ist auch so Topp!
GOLD! Am Klondike River und insbesondere in Dawson City geht es ab 1898 zu wie in einem Hexenkessel. Aus allen Regionen der Erde kommen fast nur Männer mit nur einem Ziel: Reich werden, die Goldklumpen gross wie Eier vom Boden heben und dann wieder heim zu Mutti, natürlich als Millionär! Dem Rausch folgte bald ein brutaler Kater mit Hunger, Seuchen und Tod. Schon die Anreise kosteten unzählige Opfer. Gesicherte Angaben gibt es nur von einer einhundertköpfigen Gruppe die über den Landweg aus Edmonton kamen. 75 erreichten Dawson City halb lebend, der Rest starb an Erschöpfung in der Wildnis. Die meisten kamen über den «Chilkoot Trail» vom Meer herauf. In ein paar Monaten entstand ein Ort mit 30'000 Einwohner, die von einigen bauernschlauen Geschäftemacher ausgenommen wurden. Bekannt sind ein paar Männer und Frauen die reich wurden. Im Museum erwähnt ist eine Mutter die ihren Sohn suchte (vergebens) danach als Näherin sehr erfolgreich ein Kleidergeschäft führte. Natürlich gab es die netten erfolgreichen Damen in Spielsalons und nicht erwähnt, Dagobert Duck ;-) Es gab auch einige «Digger» die es schafften. Viele endeten wie der «King von Dawson» nach ein paar Jahren in Saus und Braus vereinsamt in einer Blockhütte. Bei Interesse, Jack London hat es sehr eindrücklich in seinen Büchern beschrieben, besonders in «Alaska Kid». Er hat die «Klondike Stampede» selber erlebt und wurde nicht reich in Dawson City. Es gibt entsprechend viel Anzuschauen in diesem historischen Ort. Sehr Eindrücklich sind die stummen Zeugen, Berge von durchgesiebter Flusserde (Sand, Kies). Zuerst von tausenden «Digger» später in der Phase der Ernüchterung mit Schwimmbagger. Kilometer um Kilometer haben sich diese Monster durch die Täler am Klondike River, Bonanza Creek und Bear Creek gefressen und die ausgewaschene Erde einfach hinten wieder ausgespuckt. Eines dieser Monster fand am Eldorado Creek nach 18 Kilometer seine letzte Bestimmung. Durch Yukon Parks restauriert, kann es mit Führungen besichtigt werden. Interessant sind die Pfähle mit denen die Claims abgesteckt sind, neben der notwendigen Nummer haben einige bewohnte Vogelhäuschen. Richtig, wie in Keno, sind auch hier private Kleinunternehmer mit schwerem entsprechend teurem Gerät am Goldwaschen. Es wird also zum dritten mal die Erde durchgesiebt… Ein «Original» das vermutlich schon 1898 dabei war, erzählt nicht ohne Stolz, dass sein bester Sommer 700 Unzen einbrachte. Seine Äuglein glänzen und der Bart zuckt vor Vergnügen beim Erzählen...
Nach der güldenen Nostalgie wählen wir den Weg zu unserem neuen Ziel. Wir nehmen den «Dempster Highway» unter die Räder um weit in den Norden von Kanada zu fahren. Es ist die logische Fortsetzung unserer Südamerika Reise 2001. Eigentlich sollten wir in Alaska auf der Panamericana an das nördliche Eismeer fahren. Wir hörten sehr viel negatives über diese Strecke in Alaska, unter anderem die Ölpipeline, die sich an der Ostseite der Piste hinzieht. 800km der Pipeline entlangfahren und der Werksverkehr über sich ergehen lassen scheint uns zu viel des Guten. So wählen wir den «Dempster Highway» für unsere Fahrt an das eisige Meer. Nach dem Tank- und Reservekanister an Kilometer 0 auffüllen, lässt es sich gut an. Wenig Verkehr (wie erhofft) und eine sehr gute Piste erlauben ein zügiges Fahren. Der Weg geht fast unmerklich aufwärts, und die Thombstone Mountaines rücken immer näher. Bei ca. Kilometer 74 bilden sie einen weiten Kessel mit einem noch gefrorenen Seelein. Hier beginnt der Anstieg auf den North Fork Pass, mit 1'289 MüM die höchste Stelle des Dembster Highway. Hier oben ist ein Rundblick ein muss! Im Rücken die Windungen der Passstrasse, rundum eindrückliche Berge und nach vorne das dünne Band der Piste das sich in einer unendlich scheinenden Baumlosen Hochebene verliert. Im «Sommer» können Wanderungen auf die Berge oder Touren mit Pferden unternommen werden. Jetzt ist es noch nicht soweit, die Pferderanch ist verlassen und Wanderer keine in Sicht. Leider haben wir trotz den Ankündigungen entlang der Strasse auch keine Wildtiere entdeckt. Die Hochebene neigt sich nach Norden und es geht abwärts, kaum merklich, aber stetig. Dabei führt der Weg entlang des Red River, dessen Farbe immer kräftiger wird. Bei Kilometer 194, Engineer Creek Campground, wollen wir einen Augenschein nehmen. Beim Platz Nr. 5kommt ein böses Rumpeln von der Hinterachse und die Kontrolle bestätigt einen platten Reifen hinten links :-( Das wird jetzt der Schauplatz unserer ersten Radwechsel-Aktion! Aktion, weil hinten etwas grössere Reifen montiert sind. Da auf der Antriebsachse mit dem Differenzial aber die Räder gleich gross sein sollten und das Reserverad ein kleineres ist, kommt es zum grossen Austauschen. Gut Ding will Weile haben, so beginnen wir mit vorbereiten des Werkzeugs und Anziehen der gut schliessenden Arbeitskleidung. Dass bewährt sich, den kaum unter dem Fahrzeug zum platzieren des Wagenhebers, stürzen sich Stechmücken der übelsten Art auf uns. Ha, pech für sie, wir sind gut ausgerüstet.Reserverad hinten links montieren, dann vorne rechts Rad ab und das Fahrzeug auf herumliegendes Feuerholz aufbocken. Hinten rechts Rad ab, vorne montieren und das von vorne hinten drauf, das Fahrzeug abbocken. Robert und Ginnete aus Luxemburg sind inzwischen auf dem Platz angekommen. Robert bietet mir die Reparatur des defekten Reifens an. Er ist super ausgerüstet und hat einen richtig starken Luftkompressor. Wir versuchen zusammen das Leck in der Lauffläche abzudichten, müssen aber nach dem dritten Versuch aufgeben. Robert macht uns Mut und wir beschliessen am nächsten Morgen die Reise fortzusetzen, 180km nach Eagle Plains, wo Hilfe möglich ist. Nach einer unruhigen Nacht fahren wir wie auf Eiern weiter und versuchen jedem scharfen Stein auszuweichen.
Eagle Plains ist in einer gewaltigen Staubwolke kaum auszumachen. Ursache ist ein Helikopter, der auf dem Platz vor dem Werkstatthangar und Tankstelle gerade sein Landemanöver ausführt. Die Staubwolke ist so schlimm, dass wir anhalten und auf bessere Sicht warten. Erst als die Rotoren zum stehen kommen ist es für uns möglich bis zur Tanksäule weiter zu fahren. Ein offensichtlich Betrunkener fordert uns zum Tanken auf, der Mechaniker sei jetzt mit dem Helikopter beschäftigt. Tatsächlich ist inzwischen ein Pick-up mit Tank und Schlauch neben der roten Flugmaschine vorgefahren und wird betankt. Zum bezahlen sollen wir warten, der Mechaniker würde auch den Reifen reparieren, heute oder morgen. Diese Erklärung schaffte den Mann komplett und er verschwindet hinter einer Türe und ward nicht mehr gesehen. Wir warten im «Büro» auf das weitere Geschehen. Der Pilot kommt denn auch vorbei, er muss die Rechnung für die 800 Liter Flugbenzin abzeichnen. Er brachte drei Passagiere in die Einöde und fliegt jetzt mit einem zurück nach Dawson City. Er lässt sich bestätigen, dass für Morgen nochmals die gleiche Menge vorrätig ist. Es tut sich also wichtiges da weit draussen in der vermeintlichen Einsamkeit, dass der Helikopter hin und her fliegt und unterwegs noch Auftanken muss! Jetzt findet sich auch noch Zeit für unser Problem, rückwärts in den Hangar fahren und dem Mechaniker die Reparatur und das montieren des Reifens aufs genaueste Erklären, dann werden wir aus der Werkstatt komplimentiert und müssen im Büro auf die Rechnung warten. Er ist nicht gerade sehr gesprächig, es seien noch Reste eines Steinspliters im Reifen gesteckt, deshalb hätten wir ihn nicht dicht bekommen. Und ja, er hätte von innen einen Flicken aufgetragen, der Reifen sei noch gut zu gebrauchen. Zum Entschleunigen gönnen wir uns vor der Weiterfahrt im Restaurant noch einen Apfelkuchen und Kaffee. Plötzlich stehen wir vor Robert und Ginnete, die mit ihrem IVECO ebenfalls die Hilfe der Werkstatt benötigen. Der Ölverlust am Getriebe ist bedenklich und kann vor Ort nicht behoben werden. Sie müssen voraussichtlich das Fahrzeug aufladen und nach Withehorse zur Reparatur transportieren. (Später hören wir von einem1'000km Höllenritt auf einem LKW dahin!) Wie wir gerade erlebten, bietet so ein «Roadhouse» wie Eagle Plains einiges an Service für Reisende.
Unsere Weiterfahrt führt uns weiter nach Norden. Die Piste bleibt gut solange diese über Hügelrücken führt. In Talsolen und bei Gewässern ist es instabil und es wird «wellig» Beim Kilometer 405 queren wir unspektakulär den Polarkreis und finden ein Schlafplätzli im Rock River Camp.
Nochmals fahren wir durch einegebirgige Landschaft, die Richardson Mountains. Auf dem Pass, unter dem höchsten Gipfel (1'574 MüM) überqueren wir die Kantonsgrenze von Northwest Territories. Jetzt sind wir erst richtig im Norden von Kanada angekommen. In einem Gebiet so gross wie Zentraleuropa, jedoch mit weniger als 50'000 Einwohner. Es bleibt sehr interessant und erstaunlich abwechslungsreich, insbesondere als wir uns der Flussfähre von Fort McPherson nähern. Auf dieser aktiven Gierfähre queren wir den Peel River, ein richtig kräftiger Fluss. Pneulader an beiden Ufern sind damit beschäftigt, eine für LKW zu befahrende «Lände» in Stand zu halten. Die Fähre zieht sich an einem fest verankerten Seil durch die trüben Wassermassen und mit Schwung in das Erdreich der Ufer. Wider Erwarten klappt alles und wir kommen heile ans andere Ufer. An Fort McPherson vorbei kommen wir nach 56km an einen richtigen Strom, den Mackenzie River. Hier ist die Fähre etwas grösser und frei fahrend. Das besondere ist das Dörflein Tsiigehtchic mit seiner schönen Missionskirche. Es liegt noch oberhalb der Flussmündung des Red Rivers und wird von der selben Fähre bedient.Hier gestaltet sich die Überfahrt spannend. Vor Ankunft der Fähre ist es ein Bagger, der die «Lände» vorbereitet. Diese landet dann recht ruppig und drückt die Laderampe kräftig in den Flusskies. Nach der Ausfahrt des Gegenverkehrs werden die tiefen Spuren wieder ausgeglättet. Dann fährt zuerst der LKW mit 40 Tonnen Baumaterial auf die Fähre, danach noch drei Fahrzeuge, auch wir. Die Klappe wird hochgefahren und mit voller Kraft versucht sich die Fähre vom Ufer zu lösen. Nach etwa zehn Meter liegt sie fest und der LKW Fahrer wird zum Gehilfen des Fährmanns. Er muss jetzt seinen 40 Tönner möglichst kräftig vor und zurück fahren, so dass die Fähre ins schaukeln kommt. Das Motorengeheul der Fähre, das zischen der LKW-Bremsen und die Steine schlagenden Schiffspropeller ist die begleitende Musik beim aufschwimmen der Fähre, alle sind erleichtert! In einem weiten Bogen geht es jetzt zum Dorf Tsiigehtchic um einen Lieferwagen abzuholen. Jetzt erst geht es ans Überqueren des Mackenzie Rivers. Das Anlandengeht denn auch ohne Probleme und alle Autofahrer sind erleichtert, dass wir vor dem LKW wegfahren können. An der Ostseite des Flusses leben die Mitarbeiter die den Fährbetrieb ermöglichen in einfachen Unterkünften im Werkhof. Das stehen auch die Schilder für den Wintereinsatz, z.B. «Eisbrücke max. 60 Tonnen» Die beschrieben Fähren werden bei den ersten Frösten an Land gezogen und im Winterquartier unterhalten. In der Regel fahren sie von Juni bis ende Oktober. Erst wenn die Flüsse zugefroren sind wird der Verkehr wieder frei gegeben, bis im Frühjahr das Eis wegschmilzt. In den Übergangszeiten ist der Strassenverkehr unterbrochen. Die Klimaveränderung bringt auch hier nicht absehbare Probleme. Alleine im Bezirk Inuvik werden 250km Eisstrassen betrieben und der Ort Aklavik ist nur im Winter erreichbar.
Vor Inuvik auf dem Campground Gwich'in verbringen wir eine sehr ruhige Nacht. Beim Abendspaziergang stellen wir fest, dass nur wir und zwei Frauen vor Ort sind. An der Bootsrampe bewundern wir den noch halb zugefrorenen See und die tief stehende Sonne. Der Wind trägt ein feines klirren des Eises übers Wasser, es ist faszinierend! Inuvik liegt am ausgedehnten Delta des Peel und Mackenzie Rivers und ist das Kultur und Verwaltungs Zentrum hier im hohen Norden. Die runde katholische Kirche ist auffallend einem Iglu nachempfunden. Uns gefällt besonders das klirrende Wahrzeichen am Ortsrand! Es symbolisiert das Eis in der Umgebung und, wie wir staunend feststellen, klingt es im Wind wie das Eis am gestrigen Abend. Ebenfalls auffällig ist die Konstruktion der Häuser. Diese sind auf Pfosten gebaut, die im Permafrost verankert sind. Grosse Bereiche der Stadt werden von Elektrizitätswerk mit Fernwärme versorgt. Diese Leitungen werden gut eingepackt und sichtbar über den Grund geführt. Augenscheinlich prosperiert der Ort, vermutlich im Zusammenhang mit der Minentätigkeit in der weiten Umgebung. Noch ein paar kleine Einkäufe und es geht weiter auf dem 2017 fertiggestellten Tuktoyaktuk Highway.
Er wurde nach sehr langwierigen Planungen zum 150 Geburtstag von Kanada eröffnet. Zusammen mit anderen Massnahmen soll es die Wertschätzung der nativen Bevölkerung Kanadas unterstreichen. Da diese Piste durch eine Sumpfebene auf Permafrost führt, benötigt sie einen aufwändigen Unterhalt. 48 Mitarbeiter sorgen dafür, dass diese das ganze Jahr über zu befahren ist (im eisigen Winter sind die Fahrzeuge entsprechend speziell). Für uns bleibt es spannend, Karibus und ein Polarfuchs sowie ein recht reger Verkehr sorgen für Abwechslung. Bestaunen können wir die Schneemobile der heimischen Jäger, diese werden bis zum nächsten Winter mehr oder weniger geordnet am Pistenrand zurückgelassen, oft mit den zugehörenden Schlitten. Die 140km sind schnell hinter uns gebracht und vor dem Dorf Tuktoyaktuk können wir die letzten grossen «Pingo» bestaunen. Das sind deutliche kugelförmige Erhebungen in der Tundra, streng geschützt durch den Naturschutz. Unter einer dünnen Humusschicht verbirgt sich Permafrost. Die Wissenschaft streitet über die Entstehung. Leider nicht mehr sehr lange, es wird auch an den Pingo's ein Schmelzen festgestellt. Das Dorf Tuktoyaktuk ist eine Enttäuschung und wir fühlen uns nicht sehr willkommen. Der Campground ist nicht zu finden, die Tourist Info, das Museum mit den alten Grassodenhäuser und sogar die zwei Beizen, alles ist geschlossen. Es bleibt uns ein Spaziergang mit ein paar Föteli an der eisigen noch zugefrorenen Beaufort See. Zügig machen wir uns auf die Rückfahrt und freuen uns auf den schönen See beim Campground Gwich'in.
Mit schönstem Wetter sind wir wieder zurück in Dawson City und rüsten uns für die Fahrt nach Alaska. Die Woche auf dem Dempster Highway hat uns sehr gefallen und die Rückfahrt brachte keine Probleme sondern vertiefte die Eindrücke. Der Verkehr war deutlich intensiver und verursachte sehr viel Staub. Die vielen Motorräder mussten da einiges wegstecken. Unserem Mobil spenden wir nach Wochen eine ausgedehnte Reinigung und geniessen die Segnungen der Zivilisation. Geplant haben wir die Fahrt über den «Top of the World Highway» um über Chicken nach Alaska hinein zu fahren. Um auf den Highway zu kommen, muss der Yukon River auf der Fähre überquert werden. Da haben wir den Verkehr unterschätzt. Die Wartezeit wird noch für ein paar Schnappschüsse am Fluss genützt. Es ist ein Wasserflugzeug zu beobachten, das für den Start möglichst ruhiges Wasser aufsucht. Beim Starten gibt es denn volle Pulle gegen die Strömung. Ich denke schon an einen Abbruch, aber es hebt genau in dem Moment ab! Vermutlich hat alleine der Start schon die Hälfte des Sprits verbraucht, so lange und intensiv wie der Motor am krampfen war. Auf und ab der Fähre fahren ist ein Vorgang den wir letzte Woche geübt haben, leider nicht unsere Mitfahrenden, es brauchte etwas Geduld mit ihnen. Am Highway liegen zwei oder drei aufgegebene Minen, aber heute hat er nur noch Bedeutung als eine Touristenstrasse nach Alaska. Sein Name sagt es, er führt hoch hinauf auf die Hügelzüge und entsprechend toll ist die Aussicht ins weite Land. Das Fahren auf der ruhigen Piste ohne LKW ist ein Genuss. Die Grenze ist nach 107km schnell erreicht. Ein Schild als Vorankündigung der Kontrolle weisst deutlich auf das Verbot von Cannabis hin, der USA Zoll würde dieses streng verfolgen. Es bleibt einem dann noch drei Meilen um das Zeug zu Entsorgen.