Sizilien - 3. Teil
18.06.21 - 06.07.21
Gegenüber der «Isola di Stagnone» erreichen wir die flachen Lagunen der Region Marsala. Diese ziehen sich bis Tarpani hinauf. In der noch aktiven Saline «Ettore e Infensa» bekommen wir die Arbeit zur Salzgewinnung in «Züridütsch» beschrieben… Seit der Besiedlung durch die Karthager wird hier in der Region durchgehend Salz gewonnen. Heute nur noch ca. 10'000 Tonnen p.A. in zwei Betrieben. Beide optimieren ihr Geschäft mit dem Tourismus. Besonders die «Sky- Surfer» lieben die Lagunen.
Da wir die beste Zeit als Surfer schon längst hinter uns haben, wenden wir uns halt wieder den alten Städten zu. Keine Angst, es bleibt beim Mittelalter, fast. Den der Ort «Eryx» ist in der antiken Männerwelt sehr bekannt und alle bekamen sie glänzende Augen… Die «Hierodule» genanten Mädchen unterstützten aktiv die Göttinen von Astarte bis Venus ;-) Wie alle Besucher, fanden die Araber die Aussicht auf dem ehemaligen Tempelberg toll und gründeten eine kleine Stadt. Den Normannen passte später der anrüchige Name nicht, so dass sie einen Heiligen ins Spiel brachten. «Monte San Giuliano» wurde der stark befestigte Ort bis 1937 genannt. Heute bietet «Erice» leider nur noch tolle Aussicht von befestigten Zinnen…
Die Badeverhältnisse rund um das «Capo San Vito» werden gerühmt. So machen wir mal zwei Tage auf «Badetourist» in einem Campingplatz. Leider am Wochenende, so dass wir einen Eindruck erhalten von der Hauptsaison im Juli / August. Wie wir in der Siesta ankommen ist alles noch im grünen Bereich. Verwunderlich, dass der Platz zugewiesen wird. Später Erstaunen, wie es sich immer mehr füllt. Entsetzen, wie die Kinderdisco um 21.00h mit dem Gejohle anfängt. Resignation am Morgen früh als die letzten Partygänger vom Strand kommen... Das Positive: Schwimmen im Meer, der grosse Pool, die Waschmaschine und die Erstaunten Blicke, als wir den Platz am Sonntag morgen wieder verlassen… Die Ortschaft «San Vito lo Capo» ist ebenfalls Tourismus pur. Die Fahrt zur Nordseite des Naturparks Zingaro entschädigt ein Teil unseres Leidens. So machen wir erneut einen Versuch an der Südseite, bei Socopello. Sehr schöne Gegend aber Strand mit Rollkies. Das war schon eine Schau, wie wir auf Händen und Knien durch den Kies in und aus dem kühlen Nass rutschen… Inzwischen ist es auch noch richtig warm und schwül geworden, dem entfliehen wir bald einmal auf den Mt. Bonifato 825 MüM auf eine Felsnase über der Stadt Alcamo :-)
Normannenkönig Wilhelm II. (der gute) lässt 1174 eine Kathedrale zur Danksagung an Maria erbauen. Sie habe ihm zum Schatz seines Vaters gewiesen. Das Kloster und der Ort um das Bauwerk, Monreale, ist erst später im Mittelalter hinzu gekommen. Es ist die grösste Kirche von Sizilien und eine der prächtigsten die je erbaut wurden! Als Baumeister gelten fatimistische Architekten aus dem Orient. Im inneren erzählen filigrane Mosaiken Bildergeschichten aus der Bibel. Die Muslime zeigten grossen Ehrgeiz, die Bildnisse zu gestalteten. In einer christlichen Kirche fühlten sie sich von den Verboten Mohammeds befreit, Bilder von Lebewesen darzustellen. Sie haben wunderbares geschaffen!!! (Die Araber besetzten Sizilien nur ca. 200 Jahre. Ihre Kunstwerke und Städteplanungen sind jedoch bis heute auf Sizilien sehr präsent. Insbesondere da Normannen Könige und die Staufer Kaiser ihr Schafen schätzten und nutzten, im Gegensatz zu den nachfolgenden Spaniern, die alles nicht katholische verfolgten)
Wir kommen am Nachmittags nach Palermo, Siziliens Hauptstadt. Zuerst einmal gilt es diverse Erledigungen zu tätigen. Schon in Monreale konnten wir einen Betrieb finden, der Ersatzteile für die Camper Ausrüstung vorrätig hatte und eine Adresse für das auffüllen lassen von Gasflaschen. Tönt ja alles ganz einfach, aber bei der Ankunft auf dem Stellplatz am Stadtrand, waren wir von den Verhältnissen in und um Palermo echt geschafft. Am nächsten Morgen beginnen wir die Besichtigung nach einer langen Bussfahrt zum Bahnhof, wegen der Tourist Info vor Ort… Sie ist da nicht mehr! Nachfragen hilft auch nicht, da wir immer zum Bahnhof verwiesen werden… So sind wir schon mal richtig eingestimmt. Per Pedes nehmen wir unsere Palermo Tour in Angriff: Von der «Stazione» auf der Via Maqueda zur «Quattro Canti» An der Kreuzung mit der «V. V. Emanuelle» sind an den abgeschrägten Fronten der Eckhäuser schmucke Barocke Statuen und Bildnisse dem Passanten zugewannt. Nicht zu vergessen der «Fonte» unmittelbar vor der Kreuzung, der grosse Brunnen ist etwas speziell: Geschaffen für eine römische Villa wurde er noch vor der Vollendung günstig nach Palermo abgeschoben. Die Figuren allesamt nackt und in verführerischer Pose dargestellt, erzürnt er die Bevölkerung, so dass nach der Restaurierung ein starker Zaun die Tatsachen vor Beschädigungen schützen muss.
Die «Emanuelle» nach Norden kommen wir zum Dom, schön aber kein Vergleich zu Monreale. Etwas weiter durch einen Park stehen wir dann vor dem «Palazzo Reale» Der Palast wie er heute da steht, geht auf den Staufer Kaiser Friedrich II. zurück. Nach einer «Check in» Zeremonie vom feinsten, die Besucher werden am Ende noch in einem Nebel von Desinfektionsmittel «gereinigt» stellen wir dann fest, dass die königlichen Gemächer und die zugehörenden Festsäle wegen der Benützung durch das tagende Parlament nicht zugänglich sind… (hoffentlich beschliessen sie, endlich den allgegenwärtigen Müll zu entfernen) es bleibt uns also noch die «Capella Palatina» zum anschauen. Die Kapelle ist schon super, im gleichen Stiel wie der Dom von Monreale gibt es keinen Zweifel, wer die Baumeister waren!
Im königlichen Garten können wir uns etwas im Schatten erholen. (auch hier, Fieber messen vor betreten) Zurück in der realen Welt ist dem Palast angebaut die «Porta Nuova» Stadt auswärts zeigt sie vier arabische Wächter. Es soll die geistige Nähe des Staufenkaisers zum Orient aufzeigen.
Über die «Emanuelle» zurück, kommen wir an einem Museum über die Mafia vorbei. Verunsichert treten wir ein und werden von der zur Schau gestellten Brutalität fast erschlagen! Das Vorgehen der «Ehrenwerten Gesellen» gegen die Mitmenschen ist unbeschreiblich! Mussolini sicherlich kein Chorknabe, aber er hatte diese Gesellen endlich massiv zurückgedrängt. Da kommen die Amerikaner im 2. WK und suchen mit diesen Verbrechern den Kontakt. Spitze der Dummheit, organisieren sie mit den Mordbuben die neue Verwaltung nach ihrem Sieg. Das Dankeschön ist bis nach Las Vegas zu vernehmen!Die Informationen über die schrecklichen Lebensumstände auf der Insel, insbesondere auf dem Land, ist sehr eindrücklich. Die Aufnahmen von alliierten Soldaten zeigen schlimme Zustände, inklusive Kinderarbeit in Minen. Seit der sizilianische Vesper bis in die Neuzeit versuchte die einfache Bevölkerung ihr Joch abzuwerfen.(ruhig mal googeln)
Etwas aus dem Tritt gekommen (wie hier im Bericht) setzen wir den Rundgang fort und sehen interessante, schöne und etwas weniger schöne Sachen (Müll) Ein krönender Abschluss sollte uns das «Teatro Massimo» bieten. Ende 19. Jh. errichtet, ist es das dritt grösste Theater in Europa. Nur mit der Besichtigung will es nicht klappen, der Führer für uns zwei ist uns schlicht zu teuer! An der «La Cala» am Hafen möchten wir den Bus zurück zu unserem Stellplatz nehmen. In der grossen Hitze des Nachmittags stehen wir an der Haltestelle und werden durch gegrillt und warten, warten, gefühlt warten wir da immer noch! ÖV in Sizilien, eine unergründliche Institution wie die Müllabfuhr! Alle zucken nur mit der Schulter, das freut doch die Gesellen…
Nach einer weiteren «Backofen»-Nacht, wenden wir uns erneut dem hügeligen Innern der Insel zu. Über den «Portella della Ginestra» (1947 Schauplatz eines Massakers der Mafia) erreichen wir das fruchtbare «Piana degli Albanesi» Hier leben albanische Christen seit ihrer Flucht vor den Türken im 15. Jh. Die ethnische Minderheit spricht noch ihre angestammte Sprache und übt ihren orthodoxen Glauben aus. Am grossen Stausee sind zwei Ortschaften und viele einzeln Höfe im Umfeld, dass ist eher selten in Sizilien. Am Strassenrand werden auch fleissig frische Kirschen verkauft, sehr fein. Im geschützten Waldgebiet «Bosco della Ficuzza» etwas weiter südlich finden wir einen angenehmen Platz zum Übernachten. Unser nächstes Ziel, den «Parco Regionale delle Madonie» erreichen wir über die SS 121 und «Polizzi Generosa» am Parkzugang.Der Park hat einen recht alpinen Charakter, inklusive der Schneestangen am Strassenrand und einer neuen Schneefräse im Werkhof. Die zwei Hotelanlagen in dessen Nachbarschaft sind jedoch schon Jahre geschlossen und dem Verfall Preis gegeben. Die Gemeinde Palermo unterhält das ganze erstaunlich ordentlich. Auf dem Pic-Nic Gelände einer religiösen Städte lässt es sich vorzüglich stehen und auf 1250 MüM ist es angenehm kühl.
Nochmals wagen wir einen Versuch am Meer. Über «Isnello» fahren wir aus dem Park, hinunter nach «Cefalu». Es soll einen angenehmer Campingplatz direkt am Strand vor der Stadt geben. Stattdessen erwarten uns tausende vergnügungssüchtige Strandurlauber. Unser Reiseführer hat uns krass hereingelegt und wir sind perplex. Auf der Hotelterrasse (wo angeblich der Campingplatzes sein sollte) trösten wir uns mit einem feinen Kaffee und einem Stück Torte. Wir sind uns über die luftigen Plätzli in der Bergwelt Siziliens ohne grosse Worte einig und entfliehen dem Trubel. Nach längerer Fahrt, an der SS117 in Sperlinga, sind es die Felsenwohnungen und Grotten, die uns zu einem längeren Stopp veranlassen. Einige sollen durchgehend seit der normannischen Invasion bewohnt sein… Über dem «Lago dell Ancipa» mit Sicht auf den alt bekannten Ätna können wir angenehmen Träumen folgen…
Den Sonntag wollen wir im nahen «Parco Regionale die Nebrodi» verbringen, schön hoch auf 1500 MüM mit viel Wald zum Spazieren. Der Park soll der grösste von Italien sein. Auf einer Lichtung unterhalb des Mt. Soro (1847 MüM) sieht es den auch «vielversprechend» aus: Mountainbiker Rennen mit 4 Klassen, div. organisierte Fahrten von schweren Geländemotorrädern aus ganz Europa, ca. 250- 300 Autos auf der Suche nach einem Pic-Nic Platz (jeder 5. muss kurz Hupen beim vorbeifahren). Der Land Rover Clup Sizilien auf einer Sternfahrt mit 48 nummerierten Teilnehmer, eine Handvoll Wanderer, die immer wieder zur Seite springen und beinahe 100 Ziegen die vor Freude über die frischen Knospen und Pflänzchen hüpfen. Nicht nur wir betrachten das Ganze mit kritischem Blick, sondern auch die halbwilde Rotte von Hausschweinen…
Es ist kein Ende der Hitzewelle absehbar und die touristische Hochsaison steht bevor. Es reift der Entschluss, unsere Sizilienreise zu beenden und den Heimweg anzutreten. Den Nebrodi Park verlassen wir wieder Richtung Cesaro wo wir den letzten Blick auf den so eindrücklichen Ätna werfen. Auf der SS 116 geht es hinunter an die Nordküste bei Capo Orlando. Von da auf der interessanten SS 113 Richtung Messina. Bei Oliveri treibt uns die Hitze nochmals ins Meer. Am nächsten Vormittag besuchen wir Sparta, den nördlichsten Ort der Insel. Als kleines Abenteuer wird uns das suchen des Torre Faro am Capo Reloro in Erinnerung bleiben. Die verschachtelte Bauweise hier am Nordende der Strasse von Messina lässt uns nochmals recht ins Schwitzen kommen. Nach den engen Gässlein ist das auffinden des Fährterminals in Messina kaum mehr der Rede wert.
Knapp zwei Stunden später sind wir auf der A 3 / E 45 auf Kurs Nord… Auch hier in Calabrien plagt die Hitze und zum nächtigen fahren wir jeweils möglichst in die Höhe. So bekommen wir fast automatisch schöne Bergrücken und Naturparks geboten. Insbesondere die Fahrt durch die Abruzzen haben wir genossen, nicht zuletzt wegen den Warnungen vor den Bären… Es erreicht uns eine Nachricht von Schwager Urs und wir vereinbaren ein Treffen in Sottomarina bei Chioggia. Zusammen verbringen wir ein Wochenende am und im Wasser ;-) Im Anschluss werden wir die Alpen überqueren um die Wetterlage zu Hause genau zu analysieren...