2019

Mongolei - 1. Teil

von
veröffentlicht am

09.05.2019 – 15.05.2019

Am Donnerstag den 9. Mai 2019, nach 11'740km, Reisen wir in der Mongolei ein. Alles läuft reibungslos und nach 3.5h sind die Formalitäten erledigt. Anders als in Russland, öffnet sich die Schranke erst, als wir eine entsprechende Autoversicherung abgeschlossen haben. Enet der Schranke gilt es, die neue Währung «Turgit» kennen zu lernen. Etwas komplizierter wird es mit der neuen Datakarte für die Mongolei. Zu dritt bemühen sie sich, diese frei zu schalten. In Sükhbaatar versuchen wir dann unsere erste Besichtigung durchzuführen. Leider scheitert es an unserem Unvermögen, dieses ohne Eintrag in einer Karte oder Navi zu finden. Einheimische befragen wird noch schwieriger als davor.

So fahren wir weiter nach Süden, durch die ungewöhnliche mongolische Landschaft. Am späten Nachmittag kommt ein starker, bissig kalter Wind auf, der sich bald zu einem Sturm entwickelt. Beim durchfahren der Stadt Darkhan wird der Staub aus der Wüste mit dem Kohlenstaub am zentralen Heizwerk vermischt. Es ist gespenstisch dunkel, fast wie in der Nacht. Der Staub, Papier, Plastik und Dornenbüsche werden durch die Strassen gewirbelt. Die wenigen Menschen die sich noch auf die Strasse wagen sind bis auf einen Augenschlitz dick vermummt. Es scheint der Weltuntergang ist angebrochen!

Wir beschliessen das Kloster Amarbayasaalant, es liegt westlich von Darkhan, zu besuchen. Zuerst nehmen wir die Strasse Richtung Erdenet und möchten bei Tsagaan Tolgoi die Piste wieder nach Norden befahren. Aber langsam beschleicht einem doch die Angst, dass der Sturm uns umkippen lässt. So suchen wir den einen passenden Hügel oder Graben, hinter dem wir uns verstecken können. Das gelingt so einigermassen, leider sind wir noch nahe der Strasse und gut zu sehen. Aber nach einer halben Stunde stehen schon zwei leere Lastwagen in Sichtweite (so es der Staub zulässt) und das gibt einem etwas Sicherheit. Der Verkehr ist praktisch zum erliegen gekommen, so gibt es von da her keine Störung. Aber der eiskalte Wind gibt uns schon zu schaffen und wir bemühen uns nach Möglichkeit alles abzudichten. Glücklicherweise arbeitet die Dieselheizung einwandfrei, so stellt sich schon bald so etwas wie «Hüttenzauber» ein.

Am Morgen ist der Wind weniger, alles ist weiss eingezuckert und wir fahren weiter unseren geplanten Weg. Nach dem abbiegen und Luftdruck ablassen, sind wir etwas erstaunt über die gute Piste, aber nach den ersten 2km ändert sich die Beschaffenheit des Weges deutlich. Es fordert Konzentration um die richtige Spur halten zu können. Die Ausblicke auf den zwei überquerten Pässen entschädigt dafür!

Plötzlich kommen uns die «Nordlichter» Jo, Uli und Ali, bekannt aus dem Camp in Ulaan Ude entgegen. Beide Autos haben noch kräftig Schnee auf dem Dach. So halten wir den nebeneinander an und halten einen kurzen Schwatz. Ein paar Kilometer weiter taucht hinter einem Hügel der massige Mercedes von Been und Margrit auf. Jetzt haben wir so viel zu erzählen, dass Margrit den Kaffee aufgiesst um die Stimmbänder zu ölen.

Beim Kloster findet sich ein ausgewiesener Parkplatz auf der umzäunten Weide, den wir natürlich benutzen (vermutlich als einzige). Die Klosteranlage ist imposant und schon etwas in die Jahre gekommen (18 Jhr). Vor den kommunistischen Pogromen (1930) sollen ein paar hundert buddhistische Mönche hier gelebt haben. Wir sehen keinen, es sollen aber in der Saison (Juni bis August) bis 50 Mönche anwesend sein, um die beliebten Rituale auszuführen. Arbeiter sind mit Reparaturen an den Gebäuden beschäftigt. Zwei oder drei sind ganz kahl geschoren, ich traute mich jedoch nicht zu fragen: hallo sind sie ein Mönch…!

Die Anlage können wir von aussen Besichtigen wie wir wollen. Aber alle Türen bleiben verschlossen und sind mit starken Vorhängeschlössern gesichert. Beim zentralen Tempel steht an einer der Türen ein Fensterladen offen, so können wir zumindest den gröbsten «Gwunder» stillen. Der Wind nimmt wieder zu und wir stellen den Giovanni in den Windschatten eines grossen Toilettenhäuschens. Es ist ruhiger als in der Nacht davor, so können wir unser feines Nachtessen in Ruhe geniessen.

Endlich machen wir auch etwas für unsere Fitness. Die Treppen hoch zu den fremdländischen Göttern lässt einem recht schnaufen. Es scheint, der eine gucke recht streng auf unser Treiben, der ist wohl nicht der allerliebste… Sei es drum, wir wollen jetzt in die Hauptstadt Ulaan Bataar fahren, um unseren Aufenthalt im Visum zu verlängern. Aber die Strassen sind halt schon etwas speziell und wir möchten nicht zu schnell, oder gar im Dunkeln fahren. So übernachten wir 100km vor der Hauptstadt an einem malerischen Stausee. Wir spazieren über den kleinen Damm und sehen den Hirten zu, wie sie ihre Schaf- und Pferdeherden heimwärts treiben.

Vor unserer Weiterfahrt am Morgen ist die Pferdeherde wieder zurück. Jetzt mit zwei Hirten, die uns von ihren Holzsätteln herunter neugierig mustern. Den Pferdchen sieht man den harten Winter noch durch die Rippen scheinen, nur die Fohlen springen unbekümmert umher. Bald kommen wir an den Rand der weitläufigen Hauptstadt, in der ein drittel der Mongolen lebt. Die neu angekommenen haben sich am Rande der Stadt einen Platz für Ihre Jurte genommen und hoffen auf ein besseres Dasein als in der Steppe. Die vielen grossen Geländewagen bezeugen, einige haben tatsächlich den Sprung in die neue Glitzerwelt geschafft (durchschnittliches Monatseinkommen: 300 €).

Das Dschingis Khan Monument wollen wir als erstes Besuchen. Es liegt 40km östlich von Ulaan Baatar, der Hauptstadt des Landes. Diese Stadt ist schlicht eine Katastrophe! Vor 1919 keine 100'000 Einwohner, dafür 12 Klöster, war es eigentlich ein religiöses Zentrum für die Mongolen die im Buddhismus stark verwurzelt sind. Die Stadt, wie sie sich heute darstellt, hat mehr als eine Million! Die Russen haben sie entworfen und für maximal 500'000 Einwohner ausgelegt. Die Infrastruktur steht täglich vor einem Kollaps. Stromunterbrüche sind die Regel, von 1990 bis heute ist ein Wachstum von 50% zu verzeichnen. Erst in den letzten Jahren werden Verbesserungen angestrebt. Und da müssen wir durch, von West nach Ost dauerte es 3.5h. Als sich der Verkehr gar nicht mehr bewegte, fahren wir hinter den Gehsteig, Parken und gehen zur Verpflegung zum Burger King. Endlich sind wir durch das Chaos und entsprechend erleichtert, da kommt eine Umfahrung durch die Landschaft, neben der für einen Neubau abgebrochenen Hauptstrasse. Staub und Löcher in der Piste, unbeschreiblich. Endlich, hinter einem flachen Pass taucht die gigantische Dschingis Khan Statue auf. Das ganze so ein wenig wie Disneyland. Aber wie gedenkt man einem Volksbruder der für die Mongolen grosse Teile Chinas und des Abendlandes unterworfen hat?! Werten wir es als Versuch. Bei Interesse ist es ja für den Leser einfach, weitere Informationen einzuholen, es lohnt sich!

Etwas abgekämpft kommen wir am Abend im River Point Camp an. Hier treffen wir wieder auf die «Nordlichter». Es spielt eine Liveband als wir aus dem Auto steigen, dass wäre jetzt nicht nötig gewesen… Im Ernst, es ist eine riesige Geburtstagsparty in Aktion und entsprechend laut. Rene, der Geschäftsführer des Camps, entschuldigt sich, es wird dann doch nicht so spät wie gedacht und der Rest der Nacht ist erholsam.

Schon länger machte sich an der Vorderachse von Giovanni ein unangenehmes Geräusch bemerkbar. Nach dem Verabschieden der «Nordlichter» muss ich den Grund suchen und wieder einmal unter das Auto kriechen. Therese beschäftigt sich mit der Wäsche und putzt die gute Stube. Ich muss leider ein ungewöhnliches Spiel an den Radlagern vorne feststellen. Rene schickt mir einen Mechaniker. Der kann jedoch nicht weiterhelfen und wir beschliessen am folgenden Tag die allseits empfohlene Mercedes Benz Garage aufzusuchen. Kurz vor Zapfenstreich fährt noch Friedel mit seinem Pinzgauer 6x6 auf den Platz. Direkt aus China, so ist er sehr angetan, wieder einmal seinen Vorarlberger Dialekt zu gebrauchen. Sogar Rene, aus Kärnten, versteht seine Geschichten einwandfrei.

Früh machen wir uns auf in die MB Garage. Die wollen jedoch nichts wissen von einem Iveco, recht rüde werden wir mit der Bemerkung abgeputz, dass sie nur Marken reparieren die sie auch verkaufen (MB, Jeep, Ford, Mitsubishi)! Da machen wir schon ein langes Gesicht. Später hören wir von Be, dass er mit seinem MB LKW die gleiche Erfahrung machen musste. Es blieb uns nichts anderes übrig, als das Visa zu verlängern (sehr nette und zuvorkommende Beamte) und ein paar Einkäufe zu erledigen. Dank der prekären Verkehrslage ist der Tag denn auch schon gelaufen. Zurück im Camp will Rene, Chinzo seinen Geschätspartner, für Giovanni organsieren. Er habe mehr Erfahrung in technischen Dingen, er will am anderen Morgen kommen.

In der Nacht frischt es wieder einmal auf und der Wind bringt uns zuerst Regen und später Graupelschauer. Am Morgen ist alles unansehnliche 10cm tief unter einer weissen Pracht verborgen. Mit schaudern mache ich alles für eine Besichtigung der Radlager bereit. Das auseinander bauen der Lager überlasse ich gerne den Fachmännern. Wir sind gespannt wie sich diese Geschichte weiter entwickelt...

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